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Hat CAD und PLM in der CLOUD eine Zukunft?

In diesem Artikel geht Michael Wendenburg sehr ausführlich der Frage nach, ob CLOUD nur ein Trend oder tatsächlich schon im Einsatz ist. Er beschreibt die unterschiedlichen Anwendungen und die Vor und Nachteile von CLOUD. Außerdem nehmen einige Softwarehersteller und Persönlichkeiten aus der CAD/PLM Branche Stellung und beschreiben das Thema CLOUD aus Ihrer Sicht und der Sicht Ihrer Kunden.

Ist Cloud-Computing einer jener Megatrends, die unsere Arbeits- und Lebenswelten von Grund auf verändern werden, oder nur ein Modethema, das heute für Schlagzeilen sorgt und morgen vergessen ist?

Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, ob man PLM in der Cloud eine Zukunft einräumt oder nicht. Denn eines haben die letzten 30 Jahre gezeigt: Die PLM-Technologie ist kein Trendsetter, sondern vollzieht früher oder später die allgemeinen IT-Entwicklungstrends nach. Wer das bezweifelt, der sei daran erinnert, dass vor gar nicht so langer Zeit niemand geglaubt hätte, dass leistungsfähige 3D-CAD-Systeme mal auf einem normalen PC laufen würden. Psychologische Barrieren und technische Hürden können die Adaption zwar verzögern, aber nicht dauerhaft verhindern.

Ich gebe zu, dass ich lange Zeit skeptisch gewesen bin und immer noch meine Zweifel habe, ob PLM in der Cloud funktionieren kann bzw. den Unternehmen wirklich etwas bringt. Da befinde ich mich aber durchaus in guter Gesellschaft: Zumindest die deutschen Anwender stehen dem Thema noch relativ zurückhaltend gegenüber; auch die meisten PLM-Anbieter sind bislang nur halbherzig auf den Zug aufgesprungen oder stehen noch abwartend auf dem Bahnsteig. Das hängt zum Teil damit zusammen, dass sie nicht nur ihre Software, sondern auch ihre Geschäftsmodelle für die Cloud umkrempeln müssen. Sie sollten bald damit anfangen, denn ein Teil der PLM-Infrastruktur und der -Anwendungen wird früher oder später ins Internet verlagert. Wenn andere Enterprise-Anwendungen (ERP, SCM, CRM etc.) auf "Wolke sieben" angekommen sind, dürfte der Zug nicht mehr aufzuhalten sein. 

PLM in der Cloud - ein alter Hut?

Eigentlich ist das Thema PLM in der Cloud ja nichts Neues. Fast so alt wie die Terminal-Server-Lösungen der ersten CAD-Stunde, möchte man meinen. Lange bevor der Begriff der "Cloud" geboren wurde, gab es in unserer Branche so genannte Application Service Provider (ASP), die Anwendungssoftware und Rechnerkapazitäten für bestimmte Aufgaben und Funktionen wie zum Beispiel CAE-Berechnungen zu hosten versuchten - mit so mäßigem Erfolg, dass die meisten wieder vom Markt verschwunden sind. In bestimmten Nischen funktioniert das Modell hingegen seit Jahren erfolgreich: Der Datenkonvertierungsdienst von PROSTEP - zum Beispiel - ist im Prinzip ein Service, der aus der Cloud kommt, auch wenn es sich nicht um eine diffuse öffentliche Wolkendecke, sondern ein privates Cumulus-Wölkchen handelt.

Die meisten Unternehmen, die PLM-Lösungen einsetzen, betreiben ihr PDM-System (Produktdaten-Management) auf einem zentralen Server, auf dem auch die Metadaten liegen, während Autorensysteme und Anwendungsdaten aus Performancegründen üblicherweise auf dezentralen Servern an den verschiedenen Standorten vorgehalten werden. Je nachdem, wie weit man den Cloud-Begriff fasst, beziehen die Anwender also einen beträchtlichen Teil der PLM-Funktionalität heute schon aus einer Cloud-ähnlichen Infrastruktur. Insofern hat Karl Heinz Zachries, Chef des Bremer PLM-Anbieters Contact Software, Recht wenn er sagt, dass die Cloud eigentlich ein alter Hut sei.  Allerdings trifft das natürlich nur für einen Teil der Cloud-Dienste zu. Mehr zum Thema CLOUD von Contact >> 

Wolke ist nicht gleich Wolke

Die Wetterforscher unterscheiden zehn Gattungen von Wolken mit zig verschiedenen Arten und Unterarten. Bei den digitalen Clouds gibt es zum Glück nur zwei, nämlich die öffentliche Cloud bei irgendeinem einem IT-Service-Provider und die private Cloud im internen Rechenzentrum des eigenen Unternehmens, wobei die private durch einen externen Dienstleister verwaltet (managed private) oder komplett outgesourct werden kann. Unterschieden wird außerdem danach, ob in der Cloud die Hardware-Ressourcen bereitgestellt werden (Infrastructure as a Service), die eigentlichen Anwendungen (Software as a Service) und/oder die Anwendung als Entwicklungsumgebung (Platform as a Service). (Vgl. Seref Erkayhan, How to move PLM to the Cloud. In: Produktdatenjournal 2/2012, ISSN 1436-0683).

 

Mit Blick auf PLM müsste man eigentlich auch noch danach differenzieren, ob nur die Daten verwaltenden Applikationen oder auch die Autorensysteme in der Cloud betrieben werden. Zum Beispiel über eine Virtual Desktop-Infrastruktur wie sie die Solid System Team GmbH bereitstellt (www.cloud-cad.de). Bei der Analyse der Cloud-Fähigkeiten von PLM-Lösungen und der möglichen Nutzeneffekte der Cloud für die Unternehmen müssen alle diese Aspekte berücksichtigt werden.

Beobachten und abwarten

So könnte man die Haltung der PLM anwendenden Unternehmen beschreiben, wobei es geografische Unterschiede gibt. Die Europäer und insbesondere die Deutschen stehen der Idee, ihre PLM-Daten in die Cloud zu stellen, skeptischer gegenüber als die Amerikaner, die hier eine Vorreiterrolle spielen. Aber das Thema ist auch in Deutschland angekommen, wie Christoph Sahner, Pressesprecher DACH bei der Autodesk GmbH betont. "Wenn man die Unternehmen nach ihrer Cloud-Strategie fragt, sagen fast alle, dass sie ihre Möglichkeiten evaluieren. In punkto Implementierung ist man hierzulande allerdings noch nicht so weit bzw. wenn überhaupt dann in Form einer privaten Cloud." Tom Shoemaker, VP Marketing PLM Segment bei PTC kann derzeit keine außergewöhnliche Nachfrage nach Cloud-basierten PLM-Lösungen feststellen, geht aber davon aus, dass sich das volle Potential der Cloud im PLM-Markt erst noch entfalten wird.

Eine interessante Frage ist, wie sich der berufliche Aufstieg der jungen Generation, die mit Smartphone und Tablet-PC aufgewachsen ist und weniger Vorbehalte hat, ihre privaten Daten in Facebook und anderen Sozialen Medien zu stellen, auf die Akzeptanz der Cloud in den Unternehmen auswirken wird. Autodesk sieht sie als wichtigen Treiber für die technologische Entwicklung, auch von Cloud-basierten Lösungen, aber die Signale sind nicht eindeutig. Das Fraunhofer IPK hat letztes Jahr eine Studie zum Thema Kollaborative Produktentwicklung und digitale Werkzeuge vorgestellt, in der ca. 1.400 Ingenieure auch um ihre Einschätzung der Sozialen Medien gebeten wurden. Der Tenor: Eine gute Sache für den privaten Bereich, aber für die Unternehmen bedenklich, weil mit Sicherheitsrisiken verbunden. Es wird zumindest hierzulande noch klar zwischen privaten und beruflichen Lebenswelten getrennt. 

Pro und contra Datensicherheit

Kurioserweise wird die Frage der Datensicherheit bzw. des Know-how-Schutzes sowohl als Argument für die Cloud als auch als Gegenargument ins Feld geführt. Ja was denn nun? Sind die Daten in der Cloud gefährdeter oder sicherer als in einem unternehmensinternen Netz? Das hängt von der Vertrauenswürdigkeit und den Sicherheitsmaßnahmen des Infrastrukturbetreibers ab, unabhängig davon, ob das Unternehmen selbst die Infrastruktur betreibt oder sie als Service nutzt. Mit anderen Worten: Sicherheitsgefahren lauern nicht nur in der Cloud, sondern vor den Feuerschutztüren jedes Firmennetzes. Man kann sogar davon ausgehen, dass die Vorkehrungen zum Datenschutz und zur Gewährleistung der Ausfallsicherheit bei einem spezialisierten IT-Service-Providern umfassender sind als bei einem "normalen" Unternehmen, schon weil er ein bevorzugtes Angriffsziel für Hacker ist.

Peter Bilello, Chef des amerikanischen Beratungsunternehmens CIMdata weist in einem Beitrag mit dem Titel "The Cloud: Worrying About The Wrong Things?" zurecht darauf hin,  dass die Gefahren der Cloud überschätzt würden und dass sie in Wirklichkeit der sicherste Ort für die PLM-Anwendungen und das geistige Eigentum eines Unternehmens sei. "Es sterben wesentlich mehr Leute bei Autounfällen auf dem Weg zum Flughafen als bei Flugzeugabstürzen. Trotzdem machen wir uns mehr Gedanken über die Sicherheit der Flugzeuge als die der Autofahrer", schreibt er den Entscheidungsträgern ins Stammbuch. Lesen Sie den Bericht von Peter Bellilo im BLOG der CATIA Community >>

Ob sie es beachten werden? Peter Pfalzgraf, Director PS Products bei der Prostep AG, geht nicht davon aus, dass irgendein deutsches Unternehmen seine sensiblen Engineering-Daten so bald in die Cloud stellen wird: "Es gibt zwei gegenläufige Trends: Einerseits spielt die Cloud eine immer wichtigere Rolle, andererseits legen die Unternehmen immer mehr Wert auf IPP (Intellectual Property Protection) und Datenschutz. Deshalb werden sie die Cloud allenfalls für unkritische Daten nutzen." Die psychologischen Barrieren, einem anderen Unternehmen sein geistiges Eigentum anzuvertrauen, sind sehr hoch. Sie erfordern auf Seiten der IT-Service-Provider vertrauensbildende Maßnahmen wie zum Beispiel den offenen und transparenten Umgang Vorfällen wie Hackerangriffen, Ausfällen etc..

 

PLM-Anbieter sind gespalten

Skeptiker gibt es nicht nur auf Anwenderseite. Was bei dem Thema Cloud auf den ersten Blick überrascht, ist wie unterschiedlich sich die PLM-Anbieter positionieren. Meiner Einschätzung nach hängt das damit zusammen, dass einige auf dem Weg in die Wolke(n) mehr, andere dagegen wenig zu verlieren haben. Für Have-Nots, die nicht viele PLM-Kunden haben, ist die Wolke die zweite Chance. Beispiel Autodesk: Nachdem die Firma jahrelang so gut wie nichts mit PLM zu tun haben wollte, hat sie sich nun vom Saulus zum Paulus gewandelt und setzt mit PLM 360 alles auf die Cloud-Karte. Fast alles sollte man besser sagen, denn für das Management der CAD-Files kommt nach wie vor der lokale Autodesk Vault zum Einsatz. "Andere Anbieter haben einen Vorsprung  - deshalb müssen wir die Dinge anders machen", räumt Sahner freimütig ein.

Auch Dassault Systèmes hat nach den vielen Anläufen im PDM-Geschäft mit Enovia LCA, VPM, MatrixOne, SmarTeam etc. wohl einen gewissen Rückstand aufzuholen und verspricht Cloud-Kunden "himmlische Aussichten für den Innovationszyklus". Wenn es aber darum geht zu sagen, welche Produkte des umfassenden PLM-Portfolios als Dienste in die Cloud verlagert  werden sollen, bleibt das Unternehmen ziemlich wolkig. Oder wie darf man folgende Passage verstehen?

 

"Die 3DS Online-Services  decken eine breite Palette von Anforderungen ab. Zu diesen Services zählt die Möglichkeit, das bewährte V6 PLM-Portfolio in einer bedarfsgesteuerten Umgebung zu nutzen, einschließlich virtueller Produktentwicklung, Simulation, Fertigung und Zusammenarbeit; ein Cloud-basierter Aboservice für den spartenübergreifenden Austausch in der Entwicklung, maßgeschneidert für die Bedürfnisse von SolidWorks-Anwendern; aber auch die Möglichkeit für jedes Unternehmen, jeden Einzelnen, eigene Kreationen in der Cloud-Umgebung einfach und umgehend zu gestalten und damit soziale Innovation auf den Weg zu bringen." Mehr zu CLOUD-Lösungen von 3DS >> 

Ich bin aus der Cloud-Strategie des Unternehmens auch nach dem Genuss eines halbstündigen Interviews mit CEO Bernard Charlès, das ich in einem PLM-Blog gefunden habe, nicht viel schlauer geworden. So viel ist allerdings sicher: Die Franzosen sind fest entschlossen, die 3D Experience überall und jedem zugänglich zu machen, das heißt zumindest bestimmte CAD-Komponenten in die Cloud zu stellen. Das Interview hat übrigens Josh Mings von SolidSmacks geführt. Zum Interview mit CEO Bernard Charles >>

Siemens PLM Software hat sich zum Thema Cloud lange Zeit bedeckt gehalten, aber vor kurzem eine Teamcenter-Version lanciert, die auf der Infrastruktur eines externen IT-Service-Providers betrieben werden kann. Die knapp gefasste Ankündigung klingt ein bisschen nach "me too", zumal der Hersteller kein Wort über die Cloud-Avancen seiner beiden CAD-Systeme verliert.

Am anderen Ende der nach oben offenen Meinungsskala befindet sich ein gestandener PDM/PLM-Anbieter wie PTC, den die Wolke ziemlich kalt lässt. Und das obwohl die neue Architektur des CAD-Systems Creo wie für den Einsatz im Web gemacht scheint. CEO Jim Heppelmann wird jedenfalls mit den Worten zitiert: Wenn unsere Kunden bereit für die Cloud sind, werden wir sie erwarten." (Vollständiger Blog-Beitrag >>). Auf die Frage, ob PTC die komplette Suite von PLM-Werkzeugen in der Cloud anbieten, antwortet Shoemaker sybillinisch: "Unser Ziel ist es, den Kunden größtmögliche Flexibilität hinsichtlich Bezug und Nutzung unserer Software zu bieten und eine dieser Anwendungsoptionen ist die Cloud." Angeblich hat das Unternehmen vor drei Jahren schon mal eine Version des PLM-Systems Windchill für die Cloud angeboten, die aber bei den Kunden wenig Anklang fand. In den USA lässt man die PLM-Lösung derzeit bei der Firma NetIdeas  hosten, die auch die Infrastruktur bereitstellt.

Zehn gute Gründe für die Cloud

Es gibt mindestens zehn gute Gründe, die für die Nutzung der Cloud sprechen und wahrscheinlich ebenso viele Gegenargumente. Die beiden am häufigsten genannten Vorzüge sind Kosteneinsparungen für die  (Nicht-)Anschaffung, Unterhaltung und Wartung von Hard- und Software sowie die höhere Flexibilität, dadurch dass den Unternehmen bei Bedarf sofort zusätzliche IT-Ressourcen zur Verfügung stehen, die sie wieder zurück gegeben können, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Die Installationen atmen ein und aus. In vollem Umfang trifft das natürlich nur für öffentliche oder outgesourcte private Cloud-Lösungen zu. Davon abgesehen würde für eine bedarfsgestützte Abrechnung der Lizenzkosten auch ein Algorithmus in den (lokal installierten) Softwareprogrammen ausreichen, der die Nutzungsdauer aufzeichnet und an den Hersteller kommuniziert.

 

Mit Blick auf die PLM-Infrastrukturen wäre zudem zu fragen, welche Anwendungen denn besonders atmungsaktiv sind: Die Autorensysteme, mit denen die Daten erzeugt werden, oder die Daten verwaltenden Anwendungen? Oder anders gefragt: Macht es unter Gesichtspunkten der Systemadministration großen Sinn, nur die Infrastruktur für das Produktdatenmanagement in die Cloud zu verlagern bzw. das PDM-System als Service zu betreiben, solange die CAx-Anwendungen in lokalen Netzwerken mit einem oder mehreren Datenservern laufen? Ich habe da so meine Zweifel. Die Komplexität der PLM-Installationen wird nicht geringer, wenn man eine oder mehrere lokale Infrastrukturen für die CAD-Datenverwaltung mit der Cloud verknüpft. Die Daten müssen ständig synchronisiert werden.

 

Begrenzte Nutzungsmöglichkeiten

Ohne CAD in der Cloud ist PLM in der Cloud nur von eingeschränktem Nutzen - das ist meine unmaßgebliche Meinung, die ich hier gerne zur Diskussion stelle. Es ist lediglich eine Option für kleinere Unternehmen, die derzeit noch gar keine PLM-Lösung einsetzen oder allenfalls eine rudimentäre CAD-Datenverwaltung haben, die sie schnell und ohne Installationsaufwand aufbohren möchten. Das entspricht dem Profil vieler AutoCAD- bzw. Inventor-Anwender, weshalb die Strategie aus Sicht von Autodesk durchaus Sinn macht. Angeblich hatte die Firma Ende letzten Jahres 350 Kunden, die PLM 360 produktiv nutzen - wie viele davon in Deutschland, sagt sie nicht. Die meisten Kunden nutzen das Cloud-Angebot als komplementäre Lösung mit einem begrenzten Funktionsumfang, beispielsweise für das unternehmensübergreifenden Projektmanagement bzw. die Collaboration mit Zulieferern. "Wir haben noch keine bestehende PLM-Implementierung abgelöst", räumt Sahner ein. Auch PTC veröffentlicht "aus unternehmensrechtlichen Gründen" keine Nutzerzahlen, was bedeutet, dass es nicht viel zu veröffentlichen gibt.

Die wenigen PTC-Kunden, die Cloud-Anwendungen nutzen, betreiben sie ausschließlich in einer privaten Cloud. Diese Option steht den Autodesk-Kunden nicht zur Verfügung. Die Firma setzt mit Rücksicht auf das Partnermodell und auch aus Gründen der Updatefähigkeit auf eine öffentliche Cloud, die allerdings im Unterschied zu anderen Cloud-Angeboten der Firma nicht bei Amazon gehostet wird, sondern auf einer von Autodesk selbst verwalteten Infrastruktur. Allen Kunden steht damit eine weitgehend einheitliche PLM-Umgebung zur Verfügung, die von Autodesk regelmäßig upgedated wird. Das bedeutet aber auch, dass sie wenig Spielraum haben, die Lösung ihren Anforderungen und Prozessen entsprechend anzupassen.

Damit sind wir beim wichtigsten Hindernis angekommen, das derzeit noch gegen den Einsatz einer umfassenden PLM-Lösung in der Cloud spricht. Ich kenne kein Unternehmen, das seine PLM-Software nicht in irgendeiner Form angepasst hätte, sei es durch Erweiterung des Datenmodells um neue Objektklassen, sei es durch kundenspezifische Zusatzprogrammierungen. Diese Tendenz ist mit dem PLM-Einsatz in einer öffentlichen Cloud unvereinbar. In einer privaten Cloud lässt sich das realisieren, allerdings stellt sich die Frage durch wen und wie groß dann noch der Nutzen des Cloud-Einsatzes ist? Nur wenige PLM-Hersteller haben die Architektur ihrer Software so konsequent modularisiert, dass man  kundenspezifische Anpassungen kapseln und bei Updates mit wenig Anpassungsaufwand weiter verwenden kann. Contact Software ist einer davon. Das bedeutet zugleich, dass das PaaS-Modell mit Anpassungs- oder Zusatzprogrammierungen auf Basis einer einheitlichen Plattform nicht funktionieren kann.

 

Hausaufgaben für die Hersteller

Nicht nur die PDM/PLM-Hersteller, sondern auch die CAD-Anbieter müssen ihre Software fit für die Cloud machen. Die monolithischen Architekturen der meisten CAD-Systeme sind nicht für den Einsatz in der Cloud ausgelegt bzw. nur in der Form, dass sie auf einem virtualisierten (Citrix-)Server laufen, was im Prinzip die Terminal-Server-Lösungen aus den Anfängen des CAD-Zeitalters emuliert. Eine optimale Cloud-Lösung würde - so der lesenswerte Blogbeitrag von Evan Yares  - eine skalierbare CAD-Architektur erfordern, mit einer Reihe von interoperablen Diensten, die auf verschiedenen, lose verknüpften Serverinstanzen laufen können. Der Autor wurde zum Teil heftig angegriffen, aber nicht für seine Erläuterungen, sondern für seine Einschätzung, dass Cloud-CAD nicht so bald die gute, gar nicht so alte Desktop-Lösung ersetzten wird. Angeblich arbeiten Hunderte von Firmen an Cloud-basierten CAD-Lösungen. Das mag zwar sein, aber ich teile die Einschätzung von Years: Cloud-CAD wird kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zur bestehenden Installation sein, beispielsweise um Bedarfsspitzen abzufedern. Installationen mit Hunderten von Arbeitsplätzen löst man nicht mal eben durch eine Cloud-Lösung ab.

Autodesk scheint das übrigens ähnlich zu sehen. Die Firma hat mit Fusion 360 bereits eine Cloud-Lösung angekündigt. Sie wurde von Grund auf neu entwickelt, um die verteilten Ressourcen optimal nutzen zu können, wie Karl Osti, Business Development Manager Manufacturing Europe bei der Autodesk GmbH erläutert. Fusion 360 sei aber keinesfalls als Inventor-Nachfolger gedacht, sondern als Werkzeug für gelegentliche Nutzer oder Anwender, die keine Bedenken hätten, ihre CAD-Daten in der Cloud zu verwalten, ergänzt Sahner.

Verständliche Vorsicht, denn die Hersteller müssen noch überlegen, wie sie mit Cloud-basierten Lösungen Geld verdienen können. Ihre Entwicklung wird nicht unbedingt kostengünstiger, während die Lizenzeinnahme tendenziell zurück gehen. Das ist jedenfalls einer der versprochenen Nutzeneffekte der Cloud.