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Elektromobilität: China führt erstmals beim Ranking

In dem von Roland Berger und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen Aachen (fka) veröffentlichten „Index Elektromobilität" für das zweite Quartal 2017 führt China bei den Rankings Markt und Industrie. Beim Ranking Technologie konnte Frankreich Deutschland von der Spitzenposition verdrängen.

Der "Index Elektromobilität", erstellt von Roland Berger und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka), vergleicht in regelmäßigen Abständen die relative Wettbewerbsposition der Länder Deutschland, Frankreich, Italien, USA, Japan, China und Südkorea im Bereich der Elektromobilität, bemessen nach den Indikatoren Technologie, Industrie und Markt bemessen. China konnte nun aufgrund der Spitzenplatzierungen bei Industrie und Markt im zweiten Quartal 2017 zum ersten Mal die Gesamtführung übernehmen. „Chinas Aufstieg wird durch nationale Fördergelder und Zulassungserleichterungen gestützt. Außerdem sehen wir auf dem chinesischen Markt viele technologiestarke Startups, die sich mit ausreichend Kapital Schritt für Schritt im Premiumsegment etablieren“, begründet Wolfgang Bernhart, Partner von Roland Berger, die aktuelle Entwicklung.

Beim neuen „Index Elektromobilität“ für das zweite Quartal 2017 hat Deutschland seine Spitzenposition im Ranking Technologie an Frankreich verloren, im ersten Quartal belegten beide Länder noch den ersten Platz. Der Grund hierfür liegt vor allem in dem zunehmenden Anteil an Plug-In-Fahrzeugen der deutschen Automobilhersteller, denn diese besitzen geringere elektrische Reichweiten und Höchstgeschwindigkeiten. Außerdem benötigen Plug-In-Fahrzeuge aufgrund der geringeren Batteriekapazität weniger komplizierte Ladetechnologien.

China ist beim Ranking Industrie an der Spitze

Im Ranking Industrie war für China das große Produktionsvolumina einheimischer Hersteller von Vorteil. Laut Prognose werden diese in den Jahren 2015 bis 2019 rund 3,5 Millionen Elektrofahrzeuge herstellen. Die Hersteller in den USA produzierten in dem gleichen Zeitraum ein Drittel dieses Volumens und erreichten damit den zweiten Platz. Da in China über 90 Prozent der Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Zellen aus lokaler Fertigung ausgestattet werden, steigt das Reich der Mitte auch zum weltweit führenden Anbieter im Bereich der Zellfertigung auf – gemessen am Produktionsumfang.

„Die großen deutschen Automobilhersteller produzieren mehr Elektroautos", kommentiert Alexander Busse, Consultant bei der fka und ergänzt: „Allerdings ist 2016 die ohnehin niedrige, lokale Zellfertigung in Deutschland komplett weggebrochen." Aus diesem Grund befinde sich Deutschland im Industrie-Ranking nur auf Platz vier hinter Japan. Zudem bestehe bei der Zellfertigung bestehe  In ganz Europa deutlicher Nachholbedarf gegenüber Asien.

Deutsche Automobilhersteller bei E-Mobilität abgehängt

Auch im Ranking Markt liegt China jetzt an der Spitze, wo sich der  Absatz von neu zugelassenen E-Autos 2016 auf rund 350.000 Fahrzeuge verdoppelte. Frankreich konnte trotz geringerem Absatzvolumen mithalten, da es einen höheren Marktanteil von E-Fahrzeugen im Vergleich zum Gesamtmarkt aufweist. Im Markt-Ranking erreicht Deutschland mit rund 28.000 neu zugelassenen hybriden und rein elektrischen Autos – was 0,8 Prozent des gesamten Marktes entspricht – nur den vierten Platz. „Das gefährdet die von der Europäischen Union festgelegten Flottenemissionsziele, die Automobilhersteller nach 2021 erreichen müssen“, erklärt Stefan Riederle, Experte bei Roland Berger.

Chinesische Startups greifen Premiumsegment an

Der Erfolg der Elektromobilität in China lässt sich auch auf die umfangreiche staatliche Förderung zurückführen. So stellte die chinesische Regierung 2015 über eine Milliarde Euro für die E-Mobilität zur Verfügung. Aufgrund von Betrugs- und Missbrauchsfällen kürzte China allerdings Ende 2016 die staatlichen Gelder um rund 20 Prozent. Insgesamt hält die chinesische Regierung jedoch an ihren Subventionen und ambitionierten Zielen fest. So sollen bis 2025 15 bis 20 Prozent der verkauften Neuwagen E-Fahrzeuge sein. Bis 2030 sollen es sogar 40 bis 50 Prozent sein.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt China neben der staatlichen Förderung auch auf innovative Startups im Automotive-Bereich, die ausschließlich auf Elektroantrieb und autonomes Fahren setzen. „Wir sehen einen richtigen Boom chinesischer Startups“, bekräftigt Wolfgang Bernhart. „Mit kapitalstarken Investoren, erfahrenen Managern aus der Automobilbranche, globalen Entwicklungszentren und innovativen Geschäftsmodellen greifen die Startups das Premiumsegment an." Stefan Riederle ergänzt diese Einschätzung: „Die großen europäischen OEMs müssen hier flexibler werden, um den Marktanschluss nicht zu verpassen. Die klassischen Produktzyklen von sieben Jahren sind heute nicht mehr gefragt. Unternehmen sollten insgesamt schneller, flexibler und innovativer in ihren Angeboten werden.“

Autor: Stefan Girschner