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Ersatzteile für Mercedes-Benz aus dem 3D-Drucker

Mercedes-Benz baut sein Angebot von Originalersatzteilen aus dem 3D-Drucker kontinuierlich aus. Seit 2016 bietet der Hersteller bereits Ersatzteile für Nutzfahrzeuge an, die mittels additiver Fertigung hergestellt werden. Nun haben weitere Ersatzteile für Klassiker die Qualitätssicherung bestanden und sind ab sofort erhältlich.

Der Innenspiegelfuß für das Mercedes-Benz 300 SL Coupé (Baureihe W198), der Zündkerzenhalter aus dem Werkzeugsatz dieses Sportwagens oder der Schiebedach-Gleitbacken für die Baureihen W 110,  W 111, W 112 und W 123: allesamt wichtige Ersatzteile für den Erhalt dieser klassischen Fahrzeuge. Durch die Fertigung im 3D-Druck kann Mercedes-Benz Classic die Ersatzteile jetzt wieder in Originalqualität liefern. Das Verfahren eignet sich insbesondere für kleinere Stückzahlen und wenn beispielsweise die Originalwerkzeuge nicht mehr verfügbar sind.

Daimler hat fast 30 Jahre Erfahrung mit dem 3D-Druck, zum Beispiel in der Fertigung von Prototypbauteilen. Dies stellt die Basis für einen zielgerichteten Serieneinsatz des Verfahrens über sämtliche Bereiche hinweg. Die hohe Qualität der entsprechenden Komponenten beruht insbesondere auf der Konzernforschung von Daimler in Ulm. Diese beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem 3D-Druck für Serienteile. Innovative Werkstoffe, neue Verfahren und Anlagetechnik, Digitalisierung sowie eine optimierte und sichere Prozesskette stehen hierbei im Fokus.

Sinter- und Schmelzprozesse beim 3D-Druck

Die Zusammenarbeit von Mercedes-Benz Classic und der Konzernforschung beim 3D-Druck ermöglicht einen kontinuierlichen Ausbau des Ersatzteilangebots. Die technisch mögliche Bandbreite reicht von Motorkomponenten bis hin zu Kunststoffdichtungen und Gummikleinteilen. Gemeinsam werden auch besonders aufwendige und komplexe Bauteile wie etwa ein Instrumentengehäuse geprüft. Hierbei werden die Einzelteile des Instrumentengehäuses mit dem jeweils optimalen Fertigungsverfahren hergestellt. Der 3D-Druck kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn konventionelle Verfahren für kleine Stückzahlen an ihre technischen oder wirtschaftlichen Grenzen stoßen.

Beim 3D-Druck kommt in der Regel das "Pulverbett"-Verfahren zum Einsatz, das mittels einem oder mehrerer Laserstrahlen die gewünschte Bauteilgeometrie durch Sinter- oder Schmelzprozesse erstellt. Hierbei lassen sich unterschiedliche Materialien verarbeiten, etwa Metalle oder Kunststoffe. Bei älteren Bauteilen, von denen nur zweidimensional erstellte Zeichnungen vorliegen, muss als erster Schritt ein dreidimensionaler digitaler Datensatz erzeugt werden. Mit diesen Daten kann anschließend der 3D-Drucker angesteuert werden.

Digitale Fertigungstechnologie für Klassiker

Sämtliche gedruckten Ersatzteile erfüllen die hohen Qualitätskriterien der Marke Mercedes-Benz und entsprechen in allen Eigenschaften dem Original. So trägt die digitale Fertigungstechnologie zum Erhalt von Klassikern nach Originalspezifikationen bei. Der gedruckte Innenspiegelfuß des 300 SL Coupé beispielsweise besteht wie das Original aus einer Aluminiumlegierung und weist auch eine hochwertige Oberflächenverchromung auf. Im Vergleich zum Original bieten die neu gefertigten Teile eine funktionelle Änderung: So ist der Fuß um 42,5 Millimeter länger und misst jetzt 107,5 Millimeter. Dadurch liegt der Innenspiegel etwas höher und bietet im Sinne der Verkehrssicherheit eine verbesserte Sicht nach hinten. Das Ersatzteil kann beim Vertragspartner über das Mercedes-Benz Classic Center bestellt werden.

Der Zündkerzenhalter gehörte zum Standardwerkzeugsatz von 300 SL Coupé und Roadster, eignet sich aber auch für sämtliche Zündkerzen mit Schlüsselweite 21 Millimeter. Vor allem an einem heißen Motorblock dient er dazu, die Zündkerze zu platzieren, bevor sie mit einem Zündkerzenschlüssel und dem passenden Drehmoment angezogen wird. Der aus widerstandsfähigem thermoplastischem Polyamid 12 hergestellte Zündkerzenhalter enthält eine Modifikation, die der 3D-Druck ermöglicht: Statt von einer Steckerbuchse wird die Zündkerze jetzt von einem Magneten gehalten. Damit ist der Halter universell für sämtliche Zündkerzenbauarten mit und ohne SAE-Anschlussmutter verwendbar.

Die Schiebedach-Gleitbacken für die Baureihen W 110, W 111, W 112 und W 123 sind ein Beispiel für ein versteckt angebrachtes Bauteil, das eine einwandfreie Funktion sicherstellt: Die Gleitbacken liegen links und rechts am Schiebedach und sind in Metallschienen geführt. Mit der Neuanfertigung aus dem 3D-Drucker gleitet das Schiebedach des Klassikers wieder wie am ersten Tag. Die Teile bestehen ebenfalls aus widerstandsfähigem Polyamid 12 und sind ab Ende 2018 bei jedem Vertragspartner aus dem Zentrallager in Germersheim verfügbar.

Autor: Stefan Girschner