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Künstliche Intelligenz lernt von Konstrukteuren

Computer sollen den Anwender künftig nicht nur bei Konstruktionsaufgaben unterstützen, sondern auch lernen, wie ein Konstrukteur zu „denken“. CAx, also computerunterstützte Verfahren der Konstruktion und Berechnung, wie auch CAD und CAE, können mit AIAx (Artificial Intelligence Aided x) die nächste Stufe der digitalisierten Produktentwicklung erreichen.

Die Künstliche Intelligenz soll helfen, die Digitalisierung des Produktentwicklungsprozesses mit großen, komplexen Datenmengen zu beherrschen und Ingenieure so von zeitaufwändigen Routinetätigkeiten zu entlasten. Ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt unter Leitung der Daimler AG forscht in den kommenden drei Jahren an den Grundlagen.

Durch die Verwendung numerischer Simulationen in Konstruktion und Entwicklung kann der Computer komplexe Rechenvorgänge übernehmen – ein klassisches Beispiel für eine effiziente Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine. Für die Beurteilung der Ergebnisse ist aber heute nach wie vor menschliche Expertise erforderlich.

Die Bewertung ist häufig komplex, da viele Kriterien eine Rolle spielen und mehrere zum Teil konkurrierende Ziele erreicht werden sollen. „Weiche“ Kriterien, wie Erfahrung, Bauchgefühl oder das „menschliche Ermessen“ von Experten spielen dabei eine wichtige Rolle. Der Mensch muss hier abwiegen, um den bestmöglichen Kompromiss zu erreichen.

Neue Methodik für maschinelles Erlernen

Mit der Entwicklung der künstlichen Intelligenz wird es denkbar, Expertenwissen in Rechnern zu hinterlegen und deren Entscheidungskriterien auf komplexe Simulationsergebnisse zu übertragen. Das Ziel des Forschungsprojekts AIAx ist es, durch Verknüpfung verschiedener mathematischer Verfahren eine Methodik für maschinelles Erlernen der Expertenbewertung zu entwickeln. Hierfür sollen Computer mit menschlicher Erfahrung gespeist werden, um verwertbare Einschätzungen geben zu können.

Daimler hat sich schon auf vielfältigen Feldern mit künstlicher Intelligenz befasst. Dazu gehören die Bilderkennungs- und Bildverstehensverfahren bei der Entwicklung des Autonomen Fahrens oder die Spracherkennung oder die Vorhersagefunktionen beim Infotainmentsystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience). Das vom BMBF geförderte Projekt ist ein weiterer Baustein einer umfassenden Artificial Intelligence Research, die nach Möglichkeiten sucht, wie man AI als Werkzeug sinnvoll für Produkte und Dienstleistungen sowie auch zur Unterstützung im Entwicklungs- und Produktionsprozess nutzen kann.

Optimierung von Konstruktionen mit AIAx

AIAx soll künftig mit künstlicher Intelligenz Simulationsergebnisse schnell auswerten und ein Urteil abgeben, das die Experten validieren können. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können die Ingenieure ihre Konstruktionen noch präziser optimieren. Dafür müssen die Analyseergebnisse von AIAx vollständig begründet sein, denn die endgültige Verantwortung für die Konstruktion bleibt beim Menschen. Einen großen Wert legen die Projektverantwortlichen daher auf die Systemakzeptanz, da AIAx den Konstrukteur in seiner Arbeit bestmöglich unterstützen soll.

Als Grundlage des Projekts dienen unter anderem numerische Simulationen von Crashtests, die Mercedes-Benz seit Jahrzehnten durchführt und die über den ganzen Prozess der Optimierung einzelner Produkte dokumentiert sind. Hier kann die künstliche Intelligenz lernen und nachvollziehen, wie die Experten bei ihrer Entscheidungsfindung und Optimierung vorgegangen sind.

Schlüsseltechnologie für die digitale Transformation

Die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte Methode AIAx soll branchenübergreifend für verschiedene numerische Berechnungsverfahren des Maschinenbaus anwendbar sein. Eine solche Methodik kann zur Schlüsseltechnologie im Rahmen der digitalen Transformation vieler Industriezweige werden, die die Technologieführerschaft des Industriestandorts Deutschland sichern.

Partner des auf drei Jahre angelegten Projektes sind neben der Daimler AG die Dynamore GmbH in Stuttgart, die Endress+Hauser SE in Maulburg, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Technische Universität Berlin und die USU Software AG in Möglingen.

Autor: Stefan Girschner